Laudatio Kategorie besonders herausragende Buchhandlungen: Fritz Pleitgen, Hochschule für Fernsehen und Film München
Sehr geehrte Frau Staatsministerin, liebe Frau Grütters,
verehrte Gäste!
Bei einer fünf Minuten kurzen Laudatio kann ich nicht lange fackeln. Deshalb gehe ich gleich mit einem Hammersatz in die Vollen. Er stammt von Helge Malchow, dem Verleger von Kiepenheuer& Witsch. Sein Satz lautet: Die unabhängigen Buchhandlungen in den Innenstädten und auf dem Land mit ihren kuratierten Sortimenten, ihrem Wissen und ihrer Beratungskompetenz der Garant der Vielfältigkeit und die Herzkammer der deutschen Buchkultur, was Helge Malchow veranlasst, sie in den Rang von Apotheken des Geistes zu heben, um feierlich festzustellen: „Ein solches Netzwerk gibt es sonst nirgends auf der Welt.“
„Apotheken des Geistes“! Schön gesagt. Das Lob aus berufenem Munde gebe ich 1:1 weiter an die Buchhandlungen, die hier und heute wegen ihrer herausragenden Leistungen ausgezeichnet werde. Es sind „Leseszeichen“ Schmalkalden, „Strandläufer“ Stralsund, „Müller& Böhm“ Düsseldorf, „Büchers Best“ Dresden und „Bücherwurm“ Braunschweig, denen ich zu ihrer Auszeichnung herzlich und mit Dankbarkeit gratuliere.
Als ich gefragt wurde, ob ich bereit sei, als Laudator für die heutige Preisverleihung zu fungieren, habe ich gleich zugesagt. Aus gutem Grund! In meinem bewegten Rentnerleben mit vielen Ehrenämtern sind Buchhandlungen gern genutzte Zufluchtsorte. Ich mag den Geruch von Büchern, die Ruhe, den kultivierten Umgang mit dem Publikum und das freudvolle Suchen nach inspirierendem oder aufklärendem Lesestoff. Alles das bieten mir die von Helge Malchow besungenen unabhängigen Buchhandlungen.
Zu seiner Freude haben die Inhaber geführten Buchläden seit geraumer Zeit ein beachtliches Comeback hingelegt.
Auch nach meiner Beobachtung haben sie es geschafft, sich gegen scheinbar übermächtige Konkurrenz im Spiel zu halten. Gegen die Buchhandlungsketten ebenso wie gegen Amazon haben sie sich mit Phantasie und starkem Überlebenswillen erfolgreich zur Wehr gesetzt.
Ich hätte die Buchläden gerne von Thüringen bis zur Ostsee besucht , um mir selbst ein Bild zu machen. Aber das war schwer zu machen, weil die Jury die Preise – schön demokratisch – weit über Deutschland verteilt hat.
So habe ich mich im Netz umgesehen. Was ich da auf den Seiten der prämierten Buchhandlungen entdeckt habe, sieht nach einer wirkungsvollen Doppel-Strategie aus: erstens persönliche Beratung und zweitens Schnelligkeit.
Für mich eine vertraute Beobachtung. Die gleiche Erfahrung mache ich vor Ort im Bergischen Land, knapp östlich von Köln, aber für unseren ersten Bundeskanzler Konrad Adenauer schon Vorderasien. Hier in Bensberg-Refrath befindet sich meine Buchhandlung, sie trägt den schönen Namen „Siebenmorgen“. Ein landwirtschaftlicher Begriff, nach dem die Straße benannt wurde, an der meine Buchhandlung liegt.
Wenn ich den Laden betrete, brauche ich nicht lange nach sachkundiger Betreuung zu suchen. In dem Geschäft sind immer drei, vier Fachkräfte unterwegs; allesamt ausgebildete Buchhändlerinnen. Sollte das gesuchte Werk in dem Sortiment von gut 20 000 Büchern nicht vorhanden sein, mutiert der stationäre Buchladen umgehend in einen Online-Shop. Bereits am nächsten Tag kann ich mir das begehrte Werk abholen. Selbst längst ausverkaufte Bücher werden als kostengünstige Antiquariate aufgespürt, wie Tschechows „Reise nach Sachalin“.
„Siebenmorgen“ wird von Andreas und Ursula Meier betrieben, beide passionierte Buchhändler.
Ihnen stehen insgesamt acht Mitarbeiterinnen zur Seite, alle vom Fach und mit erfrischender Leselust gesegnet. Da sie sich untereinander über ihre Lektüren austauschen, sind sie bestens im Stoff – bei Neuerscheinungen ebenso wie in der klassischen Literatur. So fühle ich mich gut aufgehoben; ganz gleich, ob ich als Ziel- oder Impulskäufer auftauche.
Mit meinem Hohen Lied auf die Inhaber geführten Buchläden will ich weder die Buchhandlungsketten noch Amazon verteufeln. Zusammen mit den kleinen, Inhaber geführten Buchläden tragen sie dazu bei, dass die Deutschen ein Volk engagierter Leser und Leserinnen geblieben sind. Hinzugefügt sei, dass die Buchpreisbindung dafür sorgt, dass der Wettbewerb nicht in eine Killer-Konkurrenz ausartet. Nicht ganz hundertprozentig, aber wenigstens einigermaßen!
Über Umsatzzahlen habe ich mit den Meiers nicht im Detail gesprochen. Die seien in den letzten Jahren stabil geblieben, wird mir gesagt. „Siebenmorgen“ käme mit Anstand über die Bühne.
Und die Zukunft? Der Sohn bereite sich darauf vor, das Geschäft zu übernehmen. Ich finde, das ist eine gute Nachricht. Für mich und das Lesevolk von Bensberg-Refrath. Möge es überall so sein. Glück auf!